Jetzt bin ich wer. Ich Bin Übersetzerin.
Gut, eigentlich bin ich schon seit einem guten halben Jahr wer, aber eine Urkunde zu unterschreiben nimmt halt schon einiges an Zeit in Anspruch.
Aber eigentlich hatte ich mir so einen Uniabschluss anders vorgestellt: eine großartige Zeremonie mit Protz und Pomp, mit Graduentenkappen auf dem Kopf wartet unser Jahrgang auf die langersehnten Abschlusszeugnisse, in der Masse laufen Tränen.
Zahlreiche Reden, wir werden einzeln aufgerufen und bekommen von irgendwem Wichtigen erst die Hand geschüttelt, dann unsere Urkunde überreicht.
Nicht ganz.
Gute 6 Monate war ich, anfangs täglich, irgendwann nur noch sporadisch, im Sekretariat mit der Frage "Wie sieht's denn aus mit meiner Urkunde?" und der immer gleichbleibenden Antwort "Hm... nein da hab ich nichts. Fehlt wohl noch die Unterschrift."
Die Einladung zur Abschlussfeier kam per E-Mail, aus Platzgründen bitte nur drei Begleitpersonen an diesem langersehnten Samstagmorgen (ja richtig, eine Abschlussfeier morgens um 10...).
Was dort geschehen soll weiß keiner so richtig. Müssen wir unsere Urkunden wieder abgeben, um sie nochmal feierlich überreicht zu bekommen?
Scheinbar nicht.
Gerüchten zufolge soll es einen Sektempfang geben, wenn die Gelder reichen sogar Häppchen!
Wenn ich mir den neu erbauten Protzbau für die Mathematiker im Neuenheimer Feld anschaue, frage ich mich dann allerdings, wie viel mein Abschluss in den Augen der Universität wert ist.
Ja, wir Übersetzerinnen (und vereinzelten Übersetzer) werden wohl keine bahnbrechende Forschung betreiben.
Aber das heißt nicht, dass wir in unserem Studium weniger leisten als andere.
Wir sind mit genau so viel Herzblut bei der Sache wie andere, feilen an jeder Formulierung bis alles perfekt sitzt und setzen uns mit einem der wichtigsten Bestandteile unseres Lebens auseinander - der Sprache.
Doch wir begnügen uns - auch im Master - mit dem, was wir haben. Keine Protzbauten, dafür mit Isolierband geflickte Setzrisse. Keine modernste Technik, dafür ungewollt komische Verhörer und Versprecher. Keine riesen Hörsäle, dafür einen kleinen Jahrgang, der sich super versteht.
Und jetzt auch einen akademischen Titel, auch wenn dieser uns nicht feierlich verliehen wurde, sondern wir ihn uns selbst in den Sprechstunden des Sekretariats abholen mussten.
eure Laura, B.A.